Egbert Herfurth hat für die Neuausgabe von Brechts Hauspostille eine Serie von 44 kolorierten Federzeichnungen erschaffen. Mit den strengen Konturen und der einfachen Farbigkeit seiner Bilder greift Herfurth die Klarheit der Brechtschen Lyrik auf, verschafft dem Text mit hintersinniger Ironie und den für ihn so typischen Bildpointen aber gleichzeitig einen „doppelten Boden“, eine zweite, wenn nicht gar dritte Bedeutungsebene.
„Hauspostille“ ist ursprünglich die Bezeichnung für die Sammlung von Predigten, die Martin Luther im Jahre 1544 zur Erbauung der Leser herausgab. Als unverkennbare Anspielung nutzte Bertolt Brecht den Titel für seinen Gedichtband, der erstmals 1927 in kleiner Auflage erschien. Nach der „Taschenpostille“ von 1926 war dies der zweite Gedichtband, den Brecht selbst zusammenstellte, und er zählt heute zu seinen bedeutendsten Werken. Hier begegnet man dem unverwechselbaren Brecht-Ton aus Mahagonny und Altem Testament, aus Schnoddrigkeit und Ganovenjargon, aber eben auch der Eingängigkeit und Klarheit eines großen Lyrikers – und Didakten. Denn seine Gedichtsammlung ist in „Lektionen“ eingeteilt, eine „Anleitung“ zu ihrem Gebrauch schickt Brecht voraus. Mit poetischer List wird der Leser aufgerüttelt, angestachelt, unterwiesen, wird Luthers Erbauungslektüre auf den Kopf gestellt.
Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 als Sohn eines Papierfabrikanten in Augsburg geboren. Von 1933 bis 1948 lebte er als Emigrant in Dänemark, Schweden, Finnland, den USA und in der Schweiz. Sein Werk umfasst Gedichte, Prosa und zahlreiche Theaterstücke. Am 14. August 1956 starb Bertolt Brecht in Ostberlin.