Dagmar Zemke
Als Dagmar Zemke 1958 in Chemnitz, wo sie auch heute wieder lebt, geboren wurde, hieß die Stadt noch Karl-Marx-Stadt, und die sich in dieser Doppelnamigkeit spiegelnde Spannung hatte mächtigen Einfluss auf die Künstlerinnenlaufbahn: Den begehrten Studienplatz an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (u.a. bei Werner Klemke), den die talentierte Bewerberin sich erobert hatte, verlor sie wieder, als ihr Vater wegen staatsfeindlicher Äußerungen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Da war gerade ihr erstes Kind unterwegs. Nur ein Jahr später, mit 23 Jahren, war sie schon Witwe, weil ihr Mann bei einem nicht näher geklärten Betriebsunfall ums Leben kam.
Als ihr nach vielen Jahren die Ausreise aus der DDR in die Nähe ihrer nach Westdeutschland umgesiedelten Eltern ermöglicht wurde, hatte sie schon allein die Verantwortung für drei Kinder, das ergab klare Prioritäten – die nicht nur alleinerziehende Künstlerinnen betreffen. Die zeitweise Lebensgemeinschaft mit dem Künstler Klaus Süß Ende der 1990er-Jahre erleichterte ihr den Wiedereinstieg in die künstlerische Arbeit, als die Kinder größer waren. Künstlerin oder Künstler ist, wer gar nicht anders kann, das ist meine feste Überzeugung und das zeigt sich eben auch am Beispiel Dagmar Zemkes.
Nach einer Phase der intensiven Auseinandersetzung mit dem Farbholzschnitt und Künstlerbüchern arbeitet Zemke schon seit längerem vorwiegend als Zeichnerin, ihre lebensgroßen Figurationen sprengten aber unsere Präsentationsmöglichkeiten. Nun zeigen wir buchhandlungskompatible Kreide- und Bleistiftzeichnungen.