Pressendrucke
Eine kurze Definition des Pressendrucks: Der Begriff bezeichnet handgemachte Bücher in sehr kleinen Auflagen, deren Illustrationen von einem oder mehreren Künstlern als Originalgrafiken geschaffen werden, also keine Reproduktionen sind, wie sie in normalen illustrierten Büchern verwendet werden. Und auch der Text, die Schrift, wird „in der Presse gedruckt“, d.h. hochstehende Lettern pressen sich in das Papier ...
Früher geschah das im Bleisatz, zuerst gesetzt aus einzelnen Bleilettern, dann wurden im „Linotype“-System ganze Zeilen in Blei gegossen und nach dem Druck wieder eingeschmolzen. Heute kommen beide Techniken aus Kostengründen kaum mehr vor, der Text wird zumeist im Fotosatz gesetzt und dann ein Klischee aus Kunststoff hergestellt – gedruckt wird jedoch im Buchdruck auf der Presse (also nicht von der Rotationswalze oder im Tintenstrahlverfahren). So ein Textklischee kann man sich vorstellen wie den Druckstock eines Holzschnitts, von dem auch nur die hochstehenden Teile der Platte abgedruckt werden.
Sehr häufig werden Pressendrucke von Künstlerinnen und Künstlern herausgegeben, die auf solche originalgrafischen Bücher spezialisiert sind, etwa von Peter Renschs Andante Handpresse, der Frank Eißner Handpresse, früher Roswita Quadfliegs Ramin Presse oder der Otto Rohse Presse. Das bedeutet, die Künstler suchen sich ihre Autoren oder Texte aus und illustrieren sie mit eigenen Originalgrafiken. Lektorat, Illustration, Druck und Vertrieb liegen also weitgehend in einer Hand.
Daneben gab und gibt es aber auch zahlreiche Pressen, die von Verleger/inne/n betrieben werden. Zwischen 1890 und 1930 entstand als Gegenpol zur lieblosen industriellen Massenproduktion von Büchern diese Buchkunstbewegung, deren Ziel die künstlerische Gesamtgestaltung des Buches war, das Streben nach perfekter Harmonie von Text, Schriftart, Illustration, Papier, Druck und Bucheinband. Es entstanden private Druckpressen, um eine hohe Buchkultur zu bewahren. Betreiber waren so illustre Leute wie der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen oder Harry Graf Kessler, dessen Cranach Presse die wohl bis heute werthaltigsten Bücher hervorbrachte.
Verleger wählen die Texte aus, die sie einer Pressendruck-Adelung für würdig erachten, suchen sich die ihrer Meinung nach dazu passenden Künstler, verfügen über das Geld, Papierlieferanten, Drucker, Buchbinder, Künstler und Autoren vorab zu bezahlen und sehen dann zu, dass dieses Geld durch Verkauf wieder reinkommt. Manche Verleger können einen Teil der Produktion selbst bewerkstelligen: Reinhard Scheuble war ein Meisterdrucker und -setzer, was den aufwändigen Bänden der Quetsche sehr zugute kam, Henry Günther konnte die Drucke der Edition Balance selbst binden – das hilft sehr, Kosten zu sparen.
In den letzten Jahren waren u.a. die burgart presse Rudolstadt, die Quetsche in Witzwort, die Eremiten Presse in Düsseldorf und der Leipziger Bibliophilen-Abend bedeutende Adressen dieses Genres. Im Moment gibt es so etwas wie eine Zäsur, die Verlegergeneration, die die letzten 30 Jahre dominiert hat, stellt ihre Arbeit ein. Es entsteht eine Lücke, die es wohl auch braucht, um Abstand zu schaffen zu den – für jüngere Nachfolger/innen – einschüchternd wuchtigen Produktionen einer Pressendruck-Szene, die auch von einem dichten Angebot buchaffiner Druckgrafik-Großmeister/innen namentlich rund um die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig profitierte.
So ist es auch kein Wunder, dass es in dieser Stadt eine sehr rührige Pressendruck-Produktion auf höchstem Niveau gibt, verantwortet vom Leipziger Bibliophilen-Abend, einer Buchliebhaber-Gemeinschaft, die man getrost auch als Pressendruck-Selbsthilfegruppe bezeichnen kann, gibt sie doch ihre Drucke nur an ihre Mitglieder ab.
Auch die Büchergilde hat seit 1993 achtzehn ihrer Gutenberg Pressendrucke vorgelegt, und man sieht schon an der fehlenden Dichte, dass der Aufwand ungeheuer groß ist, und ich muss aus eigener Erfahrung sagen: so en passant Pressendrucke zu verlegen, das geht eigentlich nicht.