Susanne Smajic
Susanne Smajic wurde 1972 in München geboren. 1993 bis 1999 absolvierte sie zunächst ein Studium der Buchkunst an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein und studierte anschließend Druckgrafik und Illustration an der Fachhochschule in Münster bei Professor Rolf Escher. Seit 2000 ist sie freischaffend tätig in der künstlerischen Druckgrafik und Radierung sowie als freie Zeichnerin und Illustratorin. Die Künstlerin wohnt und arbeitet in Konstanz.
Was macht einen Künstler „namhaft“? Seine unverwechselbare Handschrift. Man muss davon ausgehen, dass ein Künstler ohne Mühe alles perfekt zeichnen oder abzeichnen, also die Wirklichkeit so abbilden kann, wie sie ist. Oft sitzen junge Künstler im Museum und kopieren Bilder großer Meister/innen, d.h. sie üben sich darin, auch deren Art der Weltsicht adaptieren zu können. Bis dahin ist der junge Künstler sozusagen eine Raupe. Er entpuppt sich als Schmetterling, wenn er beginnt, eine neue, nie dagewesene Sicht der Welt zu entwickeln, die eigene unverwechselbare künstlerische Handschrift, die allem schon Vorhandenen in der Kunst etwas gänzlich Neues hinzufügt.
Hoch gehängt ist dieser Anspruch, aber man kann sich vorstellen, wie langweilig es wäre, wenn alle zeichnerisch oder malerisch Begabten immer die Dinge so abbilden würden, wie es auch die Fotografie kann. Oder so, wie man es schon von den Arbeiten anderer Künstler her kennt.
Manch ein Künstler begnügt sich nach seiner Entpuppung damit, ein Leben lang das zu liefern, wofür er einmal bekannt wurde. Für Vermarkter in großem Stil, z.B. international tätige Galerien, ist das unabdingbar. Die einmal entwickelte Künstlerhandschrift wird zum Logo, zum Markenzeichen, angesichts dessen jeder sofort sieht: Das ist doch dieser berühmte Künstler Dingsda! Nur wenige können es sich leisten, in verschiedenen Stilen zu operieren. Gerhard Richter ist der bekannteste von ihnen. Er arbeitet mal grellfarbig ungegenständlich, mal nur in Grautönen, mal scharf, mal unscharf wie nach einer verwackelten Fotografie.
Als Susanne Smajic ihr Studium bei Prof. Rolf Escher an der FH Münster 1999 abschloss (dem Studien u.a. an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle vorausgegangen waren), hatte sie Form und Inhalt ihrer künstlerischen Arbeit schon gefunden: Sie schuf Tier-Metaphern für Erwachsene wie die Tangobären, das Geschirrschwein, den buchlüsternen Tiger, heiter-ironische Spiegelungen des intellektuellen Alltags. Und ihr Medium ist die Farbradierung, schon im Studium hatte sie mit der Holzschneiderin Simone Jänke und der Radiererin Gintare Skroblyte ein Trio druckfernale gebildet, das quasi in der Hochschul-Druckwerkstatt wohnte. Neben aufwändigen Künstlerbüchern, oft Unikaten, illustrierte Smajic bisher mehr als 40 Kinderbücher, denn ihre immer mit Humor aufgeladenen Figurationen kann sie für jedes Alter modifizieren.
2002 gewann die Künstlerin ein Stipendium der Aldegrever-Gesellschaft für einen Arbeitsaufenthalt in der norwegischen Hauptstadt Oslo, und mit einem Mal entstanden Radierungen von Landschaften und Stadtszenen. Es waren Arbeiten, in denen sich die bisherige smajicsche Handschrift nicht mehr fand.
Susanne Smajic legte das Thema, das ihr einerseits zwingend, aber andererseits (noch) nicht fassbar erschien, für mehr als 10 Jahre beiseite. Bei einem Aufenthalt an einem lavafelsigen Küstenabschnitt auf Teneriffa im Jahr 2013 fand sie dann das buchstäbliche Fadenende, an dem sie das ganze Thema zu sich heranziehen konnte: Es waren die im Verhältnis zu den gewaltigen Felsen winzig wirkenden Fischer und Angler, die für sie zur Brücke der Bildgestaltung wurden, das menschliche Maß, das die gewaltige Natur in Proportion setzt.
Ihre in der und nach der Natur entstandenen Abbilder schickte sie durch das „Stahlbad“ der Radierung: In der Auseinandersetzung mit der Kupferplatte, mit dem „kalten“ Aufreißen und Verletzen der Druckplatte wie dem „heißen“ Ätzen von Flächen veränderte sich die nach dem Vorbild aus dem Skizzenbuch begonnene, real existierende Landschaft und wurde nun zu einer imaginären, zum Träger und Ausdruck einer Emotion. Susanne Smajics Handschrift wurde in ihnen erkennbar.
Arbeiten von Susanne Smajic befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen, von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel über die Österreichische Nationalbibliothek Wien und die Zentralbibliothek Zürich bis hin zum Leipziger Zoo. Für den Büchergilde artclub schuf sie eine ganze Reihe ihrer wunderbaren Tiergrafiken.
Wolfgang Grätz zur Ausstellung „Susanne Smajic – Am See“ im April 2016