Peter Zaumseil

Zwei Themen beherrschen Zaumseils Werk von Anfang an: die Landschaft und die weibliche Figur. 

Peter Zaumseil, 1955 in Greiz im Vogtland geboren, schaute schon als kleiner Junge gebannt seinem Großvater zu, wenn dieser an der Staffelei stand und Postkarten abmalte, um das Familieneinkommen aufzubessern. Zwei Zeichenlehrer erkannten früh das künstlerische Talent des neugierigen Jungen und begannen ihn zu fördern. Zwar absolvierte er zunächst eine Metalllehre, forcierte aber stetig seine zeichnerische und malerische Ausbildung auf eigene Faust: 1979 bis 1986 an der Spezialschule für Malerei und Grafik in Rudolstadt, 1984 bis ‘89 durch Lehrgänge bei Günther-Albert Schulz und Wolfram Ebersbach in Leipzig, 1987 bis ‘89 war er außer-dem Mitglied der Förderklasse Malerei/Grafik in Gera. 

Zwei Themen beherrschen Zaumseils Werk von Anfang an: die Landschaft und die weibliche Figur. 

Seine Liebe zur bildnerischen Auseinandersetzung mit der Landschaft führt er selbst darauf zurück, dass er lange Jahre am Rande des legendären Landschaftsparks der Fürsten Reuß in Greiz gelebt hat. Aber Greiz heißt nicht nur Perle des Vogtlands, das Vogtland selbst ist eine Perle – für die meisten Deutschen aber so verborgen wie eine ebensolche in der Auster: Die wenigsten werden diese stille, hügelige Landschaft überhaupt verorten können. Im Norden grenzt das Vogtland an die A 4 Jena – Gera, im Süden liegt die oberfränkische Stadt Hof, im Osten gehört Zwickau gerade nicht mehr zum Vogtland, und die westlichste Vogtländer Stadt Ziegenrück an der Saale kennt nur, wer dort schon mal z.B. in einer 400 Jahren alten Metallmühle (Kurz-)Urlaub gemacht hat.

Peter Zaumseil hingegen führten seine Reisen seit 1975 nach Bulgarien, Polen, Rumänien, in die Tschechoslowakei, nach Ungarn, Frankreich, Italien, Marokko, Indonesien, Portugal, Kroatien, Ägypten, Australien, Thailand, Laos, Kambodscha, Myanmar (Burma), auf die Malediven und die Osterinseln, nach Andalusien, Peru, Litauen, Chile, Argentinien, Teneriffa, in die Niederlande, die Schweiz, die Türkei, nach Österreich, Südkorea, Island, Karakalpakistan, Usbekistan, Indien usw. Er verarbeitet alle diese Landschaftseindrücke in Malerei und Farbholzschnitt und sagt: „An sich müssten wir ja gar nicht verreisen, weil das Vogtland so wunderschön ist.“ 
Und so ist die vogtländische Landschaft auch häufig Modell seiner künstlerischen Arbeit.

Es sind berührende Bilder, deren Wirkung auf unser Gefühl kaum zu erklären ist. „Du rettest die Sehnsucht, die seit alters mit all dem verbunden war“ sagt Silvia Bovenschen in ihrem aktuellen Buch „Sarahs Gesetz“ über die Bilder ihrer Freundin Sarah Schumann, als sie die Wirkung von deren Landschaftsmalerei zu ergründen sucht (Fischer Verlag, EUR 19.99) Im einfachen Fall ist ein Landschaftsbild ein zusätzliches Fenster in einem Raum, das einen Blick in imaginäre Weite ermöglicht. Im besten Fall ist es so, wie Bovenschen das in Worte zu fassen vermocht hat. Peter Zaumseils Landschaften vermitteln und stillen diese Sehnsucht.

Das zweite Thema des Künstlers könnte man auf die Formel „Weiblicher Akt“ verkürzen – und träfe es eben damit nicht. Denn eigentlich sind es die interessierten Beobachtungen und Würdigungen weiblicher Verführungskunst durch den Adressaten, den männlichen Künstler. (Übrigens nicht weiter verwunderlich, dass er auch die sich räkelnde Verführungskunst der Katzen, menschliche Zärtlichkeiten erheischend, protokolliert.) Hier ein Schal, da ein gerutschter Strumpf, ein geöffneter Mantel, der tiefe Einblicke gewährt, ein Farnblatt als ironischer Kleidungsersatz: das ganze Spektrum, Reize zu zeigen und Reiz auszulösen, wird aufgefächert. „Du rettest die Sehnsucht, die seit alters mit all dem verbunden war“ – das trifft auch auf diese Arbeiten zu. „Figuren“ nennt Peter Zaumseil selbst sehr neutral diesen Werkzyklus.

Die Faszination der Zaumseil‘schen Farbholzschnitte rührt natürlich auch daher, dass diese in bis zu 18 Druckvorgängen entstehen, d.h. in 18 Farben gedruckt werden. Zwangsläufig sind die Auflagen relativ klein, die meist angewendete Technik der verlorenen Form erlaubt auch keine Wiederholungen. Teilweise gibt es die Druckstöcke als bemalte Unikatobjekte.

Es sollen hier zwei Anmerkungen über den Künstler Raum finden, die wohl auf viele Künstler zutreffen, aber selten erwähnt werden. Zum einen: Peter Zaumseil ist selbst ein großer Kunstsammler. Er lässt das Werk der Kolleginnen und Kollegen gelten, er schätzt es und er kauft es (unter Künstlern wird sonst meist getauscht). Ca. 1800 Arbeiten, Malerei, vor allem Druckgrafik, aber auch Kleinskulpturen umfasst seine Sammlung. 2016 hat er Gelegenheit, im Schlossmuseum Greiz die eigene Sammlung auszustellen, vielleicht ein Anlass, mal das Vogtland zu bereisen – den genauen Termin werden wir an dieser Stelle auf jeden Fall ankündigen.

Dem Grafikmuseum im oberfränkischen Bad Steben, nicht weit entfernt von Elsterberg, wo Peter Zaumseil heute lebt, hat der Künstler als Vorlass im Jahr 2014 einen großen Teil seines grafischen Werkes aus den Jahren 1979 bis 2014, ca. 1400 Druckgrafiken und Künstlerbücher, geschenkt. Auch da steht 2016 eine Ausstellung an.

Die zweite Anmerkung: Ein solches künstlerisches Werk, zumal eines, das auf ausgedehnten Reisen durch die ganze Welt seine Anregungen erfährt, ist ohne kongenialen Lebenspartner nur schwer möglich. Steffi Zaumseil steht tagsüber in einem aufreibenden Job im Krankenhaus, versorgt dann die vier Haus-Hühner und die fünf Bienenvölker, um anschließend z.B. die Internetpräsenz ihres Mannes auf den neuesten Stand zu bringen. Dass sie auch treibende Kraft bei den aufwändigen Reisevorbereitungen ist, und und und… das sei hier einfach mal pars pro toto und stellvertretend für die Partner/innen aller Künstler erwähnt.