Die Künstler-Vorzugsausgabe
Vorzugsausgaben nennt man die meist sehr kleinen Teilauflagen illustrierter Bücher, denen eine Originalgrafik des Künstlers oder der Künstlerin beigelegt wird, die die Illustrationen für das Buch geschaffen haben.
Während letztere in der Regel industriell reproduziert sind (die Zeichnung wird fotografiert, dann fotomechanisch in die drei Grundfarben Rot, Gelb, Blau sowie Schwarz aufgespalten, die Farbflächen jeweils in Millionen dickerer und dünnerer Punkte aufgerastert, die im Zusammendruck eine große Ähnlichkeit mit dem fotografierten Original ermöglichen), aber eben keine künstlerische Aura besitzen, wird die Originalgrafik vom Künstler direkt auf oder in den Druckträger (Holzplatte z.B.) gearbeitet und ohne technischen Zwischenschritt aufs Papier gedruckt.
Selbst wenn die Künstler nicht selbst gedruckt haben, belegt ihre Signatur, dass sie das Werk in der Hand hatten und in der vorliegenden Form autorisieren. So bekommt ein an sich in hoher Auflage gedrucktes Buch den Status eines raren Kunstwerks und einer persönlichen Brücke zwischen Künstler und Käufer. Die beigelegte Grafik ist niemals identisch mit einer der Illustrationen, das geht ja wegen dem dargelegten Unterschied zwischen den Produktionsweisen nicht.
Für den Verlag hat die Vorzugsausgabe häufig einen hand-festen ökonomischen Hintergrund: Illustrierte Bücher sind in der Produktion teuer, zum Künstlerhonorar kommt das des Buchgestalters und der Vierfarbendruck, alles das will vorfinanziert sein. Die hochpreisigeren Vorzugsausgaben, auf die meist bei Erscheinen ein Run einsetzt, spülen schnell Geld zurück in die Kasse und finanzieren so die längere Lagerzeit von Teilen der großen Auflage mit.
Künstler erhalten zusätzlich zum Illustrationshonorar Belegexemplare ihrer Bücher. Was tun damit? Für einen kleinteiligen Verkauf fehlen Infrastruktur und Rentabilität, gleichwohl sind die Illustrationshonorare oft so niedrig, dass sie für die aufwändige, meist monatelange Arbeit nicht mal dem (hier nicht anwendbaren) Mindestlohn entsprechen.
So bietet der Künstler diese ebenfalls oder ganz selbständig als Vorzugsausgabe an: Manchmal ist es das Buch mit einer der Originalzeichnungen, manchmal gibt es eine serielle Zeichnung, die sich an eine Illustration anlehnt, manchmal ist es eine Druckgrafik in kleiner Auflage, die beigelegt wird. In der Regel liefern die Künstler keine Buchschuber; das ist Handarbeit, die beim Buchbinder bis zu 80 Euro das Stück kosteten kann. Immer aber ist auch das Buch signiert.