Kurt Mühlenhaupt – Viel mehr als ein Berliner Original
Mühlenhaupt war legitimer Erbe von Heinrich Zille und guter Freund von Friedrich Schröder-Sonnenstern. Der Künstler war jedoch nicht nur ein launiger Protokollant (West)Berliner Nachkriegsverhältnisse, er hat auch seine Reisen nach Rom und New York künstlerisch verarbeitet, vom Portrait bis zur Landschaft alle Sujets beherrscht – und es vermocht, aus seiner Begabung und seinem Talent eine gutbürgerliche Existenz zu schmieden, die den gewesenen Leierkastenmann und Trödelhändler nie verleugnete.
Schon die Geburt am 19.1.1921 auf der Eisenbahnfahrt von Prag nach Berlin erscheint wie ein Sinnbild der bewegten Umstände seines weiteren Lebens: Der Vater war Tischler, die Mutter Amme, man lebte in einer Gartenlaube in Berlin-Blankenfelde. Nach Abschluss der Volksschule Landjahr in Ostpreußen, Ablehnung der ersten Bewerbung an der Kunstakademie, Lehre als Modelltischler, Arbeitsdienst, Wehrpflicht. Mehrmals wurde er verletzt und nutzte die Zeiten der Genesung wie jede freie Minute zum Malen.
1946 entdeckte ihn beim Malen im Freien ein Spaziergänger, der sich als Karl Hofer, der erster Rektor der eben neu eröffneten Hochschule für Bildende Künste war, entpuppte. Dieser lud ihn zu sich nach Hause ein und ermutigte ihn zur erneuten Bewerbung an der Hochschule, wo Mühlenhaupt dieses Mal angenommen wurde. Nach fünf Semestern und Streit mit Karl Schmidt-Rottluff, der ihn nicht als Student annehmen wollte, verließ er die HfBK.
Die Chronologie seines weiteren Lebens geht in den unterschiedlichen Biografien nun etwas auseinander: Tatsache ist wohl, dass Mühlenhaupt aus Angst vor Verhaftung wegen Nichtwählens von Ost- nach West-Berlin wechselte und mit einem Pferdewägelchen durch die Straßen zog, um Kartoffelschalen gegen Brennholz einzutauschen.
1955 vererbte ihm ein Leierkastenmann seine Drehorgel, mit der Mühlenhaupt nun durch Berlin marschierte. 1958/59 Umzug nach Kreuzberg und Eröffnung eines Trödelladens in der eigenen Souterrain-Wohnung. Kontakt zu anderen Künstlern, u.a. Günter Bruno Fuchs, legendäre Feste im Trödelladen. Daraus erwächst die Eröffnung einer eigenen Kneipe, "Der Leierkastenmann". In all diesen Zeiten hat Mühlenhaupt immer intensiv künstlerisch gearbeitet, das eigene Leben lieferte ihm das Sujet.
Erst ab 1969, also im Alter von 48 Jahren, kann er als freier Künstler (ohne Trödel und Kneipe) leben. Bereits 1971 richtete ihm das Haus am Lützowplatz eine erste Retrospektive aus, der 1981 eine große Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Berlin folgte. 1991 schließlich wurde sein Werk im Otto-Nagel-Haus der Nationalgalerie zum 70. Geburtstag gewürdigt – mit Otto Nagel war Mühlenhaupt auch persönlich befreundet. Weitere große Ausstellungen wurden ihm 2001 in der Nikolaikirche Stadtmuseum/Berlin und 2006 im Käthe-Kollwitz-Museum Berlin ausgerichtet.
Anfang der neunziger Jahre siedelte Mühlenhaupt um nach Bergsdorf in Brandenburg, nördlich von Berlin, wo er ein großes Gehöft übernahm, sanierte und das hauptsächlich der eigenen Kunst gewidmete Museum Bergsdorf eröffnete. Dort ist der Künstler im Alter von 85 Jahren am 16. April 2006 verstorben.